Aus: Kazuo Katase
Katazuke – Autobiografische Formung, Wiesbaden 2018
1987 habe ich auf dem Furkapass in den Schweizer Alpen auf einem Trockenbrunnen eine Schale aus blau eloxiertem Aluminium platziert und diese Arbeit mit einem poetischen Lehrsatz des Zen-Meisters Sengai als Iss dies und trink eine Tasse Tee betitelt. Seit dem sind 30 Jahre vergangen. Damals war ich noch »nicht angekommen«. Doch es war, als sei ein Leitgedanke aus meinem Herzen aufgestiegen und habe sich ganz intuitiv realisiert. Auch ohne ein Ankommen geschahen diese Entwürfe. Heute bin ich »angekommen, heimgekehrt, ohne etwas anderes«. Mein Charakter hat mich diesen Entwurf erkennen lassen. Das Samenurkorn des Bewusstseins (ālaya-vijñāna), die Wurzel der fünf Sinne (manas-Vijñāna).
Mehr als ein Vierteljahrhundert ist vergangen und dieses Bild in meinem Gedächtnis hat die Form meiner Bilder bestimmt. Von der blauen Färbung hin zum weißen Licht – dies entwickelte sich wie ein Regenbogen durch einen Sonnenstrahl, der einen Kristall durchdringt. So kehrte mein künstlerischer Weg zu einer Epoche der Farbe zurück. Begleitet wurde dies von der Gestalt eines halbkugelförmigen Gefäßes, die in »Beziehung« zur Farbe steht (aidagera). Es hat mich bis jetzt begleitet: es wurde zu einer Skulptur, zu fotografischen Werken, und es hat sogar eine »Metamorphose« vollzogen und die Form eines Gefäßes angenommen. »Ein [keimender] Samen«. Vor langer Zeit, am Ufer des Flusses Niranjana in Bodhgaya wurden die Almosen des in Yogo-Meditation versunkenen, jungen Siddhartha den Fluss hinuntergetrieben. Doch im Gegenstrom kehrten sie wieder zurück. Die Umkehrung von »Form« und »Farbe« in meiner Kunst sowie meine Erlebnisse und die Umstände, auf denen mein künstlerischer Weg basiert, wiederholen sich Mal und Mal und werden gleichzeitig intensiver und dichter. Die Wiederaufnahme des Malens im Jahre 2010 führte zur Werkreihe »Mu-wan« Leere Schale. 2012 realisierte ich im Josef Albers Museum in Bottrop eine erste Ausstellung dieser Gemälde.”
Aus der Asche des Ganges-Ghat in Varanasi folgen die Vögel des Phönix-Feuers hinauf zum Himmel. Aus dem Grau flog Farbe. Am Ganges, nein nahe der Fulda in Kassel, spiele ich bloß mit Farbe. An der Seite der in den grünen Feldern arbeitenden Göttinnen im Sari erinnerte ich mich daran, wie ich früher als Kind in der Mündung des Flusses Katsumata in meiner Heimat im Wasser gespielt habe.
Das Leben ist ein »Werdegang«. »Der Weg«. Nun bin ich allein, ich besitze das »Nichts«. Auf dem Weg der Schöpfung gibt es »inspirierende Begegnungen und Beziehungen« und Menschen, die mich begleiten. So bestehen »Beziehungen« (aidagara).

Trink eine Tasse Tee, 1987/2025,
Shoreham, Australien, John + Myriam Wylie Collection